Die Musik des heutigen Abends bewegt sich zwischen Improvisation und Komposition. Diese verschiedenen Herstellungsverfahren werden hörbar dadurch, dass das Programm von der weitestgehenden Determination (durch eine konventionelle Notenschrift) bei Weberns Stücken über eine Freistellung einzelner Parameter (Dauer, Dichte, Dynamik) in meinem Quartett 1/02 bis zu Variations III von Cage (Bereitstellung einer graphischen Maschine zum Generieren von Prozessen innerhalb der Komposition) führt und schließlich in der "freien" Improvisation von Post No Bills den maximalen Grad der Indeterminiertheit sucht.

John Cage

Die Kompositionen "Variations" (I-VIII), die John Cage zwischen 1958 und 1968 geschrieben oder besser gesagt: konzipiert hat, haben das Prinzip der "Unbestimmtheit" als Thema. "Variations III" entstand 1962-62 für eine frei zu wählende Besetzung. Die Partitur besteht aus einer transparenten Folie mit 42 gleich großen Kreisen, die ausgeschnitten und auf ein DinA4-Blatt fallengelassen werden. Es bilden sich dabei unregelmäßige, zufällig angeordnete Gruppen von überlappenden Kreisen, an deren größter sich die Akteure orientieren. Ihre Struktur bestimmt die Struktur der "actions", aus denen die Aufführung entsteht.

Anton Webern

Mit "langsamer Satz" und den "sechs Bagatellen" werden zwei Seiten Weberns hörbar: die noch von der Romantik geprägte Phase des Frühwerks ohne Opuszahl und die "Treue" eines "Stiles, der keine "Entwicklung" und Ausbreitung kennt, sondern sich verdichtet..." (T.W. Adorno).

Chris Weinheimer

"Quartett 1.02" ist eine Überarbeitung meines ersten Streichquartetts von 1996. Damals haben mich hauptsächlich strukturelle und dramaturgische Aspekte dieser Besetzung interessiert. In der Überarbeitung nun liegt der Schwerpunkt auf der Interaktion zwischen den beteiligten Spielern. Das Material ist vereinfacht, es gibt Öffnungen im Ablauf, an denen mit einem dann etablierten Material frei gearbeitet werden kann. Dadurch wird die ursprüngliche Dramaturgie, das Material und damit auch die Form des überarbeiteten Stücks zur Disposition gestellt. Ich benutze also die damalige Komposition als Steinbruch für eine Aufführung, die in ihrer Länge, ihrer Entwicklung, Dichte und Expressivität in die Hand der Spieler gegeben ist."

Improvisation: "nicht vorher sehen, nicht vorher begreifen. Eine Haltung, eine Idee, ein Ideal, eine Ideologie, eine Extrapolation/Hysterisierung des Nicht-bereit-seins; kein Apparat sein; kein Programm, keine Vorschriften verwirklichen; aktiv einen Zustand der permanenten Überraschung erzeugen (bei sich selbst und den Zuschauern/Zuhörern). Das Wesen der Überraschung ist aber Punktartigkeit/Plötzlichkeit und nicht Permanenz" (Chris Weinheimer).

BASLER STREICHQUARTETT

Das Basler Streichquartett formierte sich 1996 an der Musik-Akademie Basel. Seither wurde es von hochrangigen Musikern wie Walter Levin und Hatto Beyerle, sowie vom Alban Berg Quartett gefördert. Weitere Impulse erhielt es von Mitgliedern des Amadeus Quartetts und des Emerson String Quartets, sowie von Isaac Stern, Leon Fleisher, György Sebök, György Kurtág, Sándor Zöldy (Végh Quartett), Samuel Rhodes (Juillard String Quartet) und Henry Mayer (LaSalle Quartett).

Bereits kurz nach seiner Gründung wurde das Basler Streichquartett zu internationalen Festivals in Paris, Jerusalem (3rd Chamber Music Encounters) und Schleswig-Holstein eingeladen, wo seine Konzerte von Publikum und Presse enthusiastisch aufgenommen wurden. 1998 erhielt es beim Wettbewerb der Basler Orchestergesellschaft einen 1. Preis und ein Jahr später beim Internationalen Max Reger Quartett-Wettbewerb in Weimar einen 2. Preis. Im Herbst 2000 wurde es mit dem Förderpreis des Kantons Basel-Land ausgezeichnet, gleichzeitig erschien bei amphion-records eine CD mit Werken von Haydn, Beethoven, Wolf und Kurtág. In der Saison 2001/2002 war das Quartett erneut beim Schleswig-Holstein Festival zu hören, es konzertierte beim Internationalen Musikmonat Basel, der IGNM Basel und dem Davos-Festival 2002. Ein besonderer Schwerpunkt lag in der Auseinandersetzung mit den Quartetten Schönbergs. Unter anderem gab das Basler Streichquartett in Frankfurt ein Lecture-Recital mit Walter Levin. Das Basler Streichquartett hat die ihm gewidmeten Werke von Daniel Biro, Daniel Glaus, Gustav Friedrichson und Mathias Rüegg zur Uraufführung gebracht.

POST NO BILLS

ist ein Ensemble aus improvisierenden Musikern/Komponisten, das sowohl im Bereich der zeitgenössischen "improvisierten Musik" als auch der "Neuen Musik" arbeitet. Das Interesse gilt der Entwicklung eigener Improvisationskonzepte, aber auch der Forschung nach einer "freien" - einer Improvisation ohne vorherige Vereinbarungen. Außerdem beschäftigt es sich mit "offenen" Kompositionen (sowohl eigenen als auch fremden). Das Ensemble, das 1994 als Jazzensemble gegründet wurde, hat seither eine Entwicklung durchlaufen, die über das Arbeiten mit szenischer Improvisation, Bühnenmusiken, Performances und die Beschäftigung mit ausnotierter Musik zum momentanen Arbeitsfeld geführt hat. Zur Zeit konzentriert sich diese Arbeit auf Cages "Variations" und "Number Pieces" und auf die "Exercises" von Christian Wolff.